Der Atem als Spiegel der Emotionen
Ich atme ein. Ich atme aus. Ich atme ein. Ich atme. Ich genieße die Fahrt in meinem Auto. Die Sonne scheint. Die Musik ist gut und laut! Plötzlich scherrt ein Auto aus und schneidet mich fasst. Mir stockt der Atem!!! Um ein Haar hätte es geknallt und möglicherweise hätte es einen fetten Unfall gegeben. Als der Wagen an mir vorbeizieht und ich realisiere, dass die Gefahr vorbei ist, folgt ein tiefer Atemzug der Erleichterung. Der Stress ist vorbei. Dass alles passiert automatisch!
Diese Situation macht deutlich, wie sehr der Atem ein Spiegel meiner Emotionen ist. Mit Redewendungen wie „atemberaubend” bringen wir zum Ausdruck, wie sehr der Atem sich auf unser emotionales Empfinden auswirkt. Die Wechselwirkungen zwischen Atmung und Gefühlen lassen sich unschwer erkennen. Zorn und Wut zum Beispiel gehen mit flachem Einatmen und heftigem Ausatmen und daraus folgenden Verspannungen im gesamten Körper einher, die sich insbesondere im Bereich von Brust, Händen, Nacken und Kiefer manifestieren können. Wenn wir von Furcht und Angst ergriffen sind, wird der Atem flach, rasch und unregelmäßig, vielleicht spüren wir dabei auch so etwas wie einen Knoten im Unterbauch. Wenn wir uns Sorgen machen, ist die Atmung oberflächlich und im Bauch ist eine gewisse Leere zu verspüren. Ungeduld kann sich durch kurzen, stoßartigen und unkoordinierten Atem äußern, vielleicht begleitet von einem Spannungsgefühl im Brustkorb. Wer von Schuld- und Schamgefühlen geplagt wird, wird vermutlich mit schwerem Atem zu kämpfen haben und das Gefühl einer zugeschnürten Kehle verspüren.
Der Atem sorgt nicht nur dafür, dass der Organismus mit ausreichendem Sauerstoff versorgt wird, sondern er dient auch als Spiegel unserer Stimmungen und Gefühle. Mit Redewendungen wie „mir stockt der Atem“ oder „atemberaubend“ verleihen wir diesem Phänomen sprachlichen Ausdruck. Auch lässt er die Wechselwirkung zwischen Atmung und Emotion unschwer erkennen. So gehen zum Beispiel Gefühle wie Zorn und Wut mit flachem Einatmen und heftigem Ausatmen sowie mit Verspannungen im gesamten Körper einher, besonders wahrnehmbar im Bereich von Brust, Händen, Nacken und Kiefer. Sind wir von Furcht ergriffen, wird der Atem flach, rasch und unregelmäßig, vielleicht spüren wir dabei auch einen Knoten im Unterbauch. Wenn wir uns Sorgen machen, ist die Atmung oberflächlich, im Bauch ist in solchen Momenten sogar eine gewisse Leere zu spüren. Ungeduld kann sich durch kurzen, stoßartigen und unkoordinierten Atem äußern, und wird von einem Spannungsgefühl im Brustraum begleitet. Wer von Schuld- und Schamgefühlen geplagt wird, wird vermutlich mit schwerem Atem zu kämpfen haben und das Gefühl einer zugeschnürten Kehle verspüren.
Auf der anderen Seite – auch wenn es paradox klingen mag – gibt es Situationen, in denen sich der Körper den Sauerstoff, den er braucht, holt, um augenblickliche emotionale Bedürfnisse zu erfüllen. Wir seufzen zum Beispiel vor Erleichterung, schreien, kreischen, gähnen oder schnappen vor Schreck nach Luft. Dies sind automatische Reaktionen des Körpers, um eine Situation gut bewältigen zu können. Diese unbewussten Atemfunktionen sind uns von Natur aus mitgegeben und begleiten uns von der ersten bis zur letzten Minute unseres Lebens. Trotzdem, und das macht den Atem gerade zu einem wundervollen Geschenk, unterscheidet sich der Atem von allen anderen Körperfunktionen und ist unmittelbar durch den Willen beeinflussbar. Wenn wir also in einer Situation, die uns große Angst bereitet, bewusst und tief einatmen, können wir nicht nur dafür sorgen, dass unser Körper mehr Sauerstoff erhält, sondern hier hilft uns tiefe und bewusste Atmung auch dabei, wieder ruhiger zu werden und uns nicht von unserer Angst übermannen zu lassen. Setzen wir den Atem immer wieder bewusst ein, kann uns das nicht nur in einer emotional belastenden Situation helfen, sondern es kann uns eine sehr große emotionale Stabilität und Ausgeglichenheit vermitteln. Tiefe Atmung kann uns darin unterstützen, in unsere eigene Mitte zu kommen und auch dementsprechend daraus zu handeln. Das bedeutet, dass wir uns nicht von jeder aufkommenden Emotion, egal wie positiv oder negativ sie auch sein mag, vollends überwältigen lassen, sondern immer mit unserem Zentrum, unserem Selbst, unserem ruhenden Pol in Verbindung sind.
Wechsel von Anspannung und Entspannung
Wie eng die Atmung und unser emotionales Empfinden zusammenhängen, wird deutlich, wenn wir sehen, wie eng Anspannung und Entspannung zusammenhängen. Unsere Atmung wird vom vegetativen Nervensystem geregelt, das im verlängerten Rückenmark, dem Hirnstamm liegt. Es steuert alle unbewussten Körpervorgänge wie Herzschlag, Verdauung und Atmung. Ebenfalls über das vegetative Nervensystem werden unser Stress sowie Anspannung und Entspannung gesteuert. Auch wenn das Wort “Stress“ heute sehr negativ besetzt ist, so hatte es ursprünglich eine positive Bedeutung. Stress war eine Schutzfunktion, die dem Menschen in frühen Zeiten, in denen er noch ungeschützt in der Natur überleben musste, das Überleben sicherte. Die Stresshormone, die als Reaktion auf einen gefährlichen Reiz aus seiner Umwelt ausgeschüttet wurden, ermöglichten es dem Menschen, unmittelbar zu reagieren, d.h. zu fliehen oder anzugreifen. Die damals für unser Überleben so wichtigen Hormone werden auch heute noch bei allen möglichen Reizen, die wir aus der Umwelt erfahren, ausgeschüttet. Denn alle Reize, die wir durch die verschiedenen Sinne aus unserer Umwelt aufnehmen, werden alle unmittelbar an unser Gehirn weitergeleitet, damit es darauf reagieren kann bzw. entsprechende Befehle an unser Steuerungssystem und die entsprechenden Organe weiterleiten kann. Dabei entsteht als erstes im limbischen System, unserem Gefühlszentrum im Zwischenhirn, als Reaktion auf äußere Reize ein Strom von elektrischen Impulsen. Bedingt durch ihre ursprüngliche schutzbildende Funktion, signalisieren sie Gefahr und geben diese Information in Bruchteilen von Sekunden an den Hypothalamus weiter, wo ein Releasing-Hormon ausgeschüttet wird, was eine Kettenreaktion in Gang setzt: Hormone werden in den Blutkreislauf ausgeschüttet und zu den Nieren weitergeleitet, wo sie die Nebennierenrinde dahingehend stimulieren, Cortisol ins Blut abzugeben. Cortisol mobilisiert Energiereserven, indem es den Blutzuckerspiegel erhöht. Es baut Eiweiß ab, das für die Muskulatur vorgesehen war und setzt Fettsäuren aus dem Fettgewebe frei. Das Immunsystem wird geschwächt, die Verdauungsvorgänge reduziert, dafür aber die Wahrnehmung für die Umweltreize erhöht. Durch die Ausschüttung eines weiteren Hormons kommt es zur Aktivierung des Sympathikus, der den Herzschlag erhöht und die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin im Nebennierenrindenmark freisetzt. Innerhalb kürzester Zeit lösen sie folgende charakteristische Reaktionen aus: Die Blutgefäße unter der Haut werden verengt, der Blutdruck und die Herzfrequenz steigen an; die Leber wandelt Speicherzucker in für die Zelle verfügbare Glucose um und setzt sie frei. Die Bronchien werden erweitert, damit sie intensiver atmen können und das Gehirn wird mit viel Sauerstoff versorgt, was zur Folge hat, dass sich der Körper in höchster Alarmbereitschaft befindet. Darüber hinaus wird die Ausschüttung von Sexualhormonen unterbunden, Stoffwechsel und Verdauung auf das Minimum reduziert. Der ganze Körper ist jetzt auf einen möglichen Angriff oder eine mögliche Flucht vorbereitet. Während der Mensch früher tatsächlich reagierte und zum Beispiel losrannte, weil ein Feind ihn verfolgte, bleibt der Körper heute in der Vorbereitungsphase. Wenn wir bei jedem Reiz, der uns erschreckt oder bedroht, losrennen würden, würden die meisten Menschen wahrscheinlich nur noch um ihr Leben laufen!!
Obwohl man in einem solchen Moment hellwach ist, kann es im Gehirn durch eine vorübergehende Unterbrechung der Weiterleitung von Nervenimpulsen zu einer kurzen Gedankenleeren kommen. Dadurch kommt es eher zu Reflexhandlungen als zu überlegtem Handeln. In einem gewissen Maße sind solche Stressreaktionen sogar gesund für den Menschen, denn sie sorgen dafür, dass wir reaktionsfähig bleiben. Ist ein Mensch jedoch permanentem Stress ausgesetzt, kann dies zu einer Reihe von ernsthaften Erkrankungen führen. Auf der körperlichen Ebene kann sich Stress u.a. im dauerhaften Bluthochdruck, Herzerkrankungen oder Magen- und Darmerkrankungen, Asthma, Kurzatmigkeit ausdrücken. Auf der psychischen Ebene kann es zu vermehrten Aggressionen, Schlafstörungen, Nervosität, Rastlosigkeit, Konzentrationsschwäche oder depressivem Verhalten kommen.
Entspannt durch bewussten Atem en
Das Phänomen Stress beschränkt sich aber nicht nur auf Erwachsene. Leider kann man schon bei Kindern in der Grundschule erkennen, dass sie an Stress und folglich an Kurzatmigkeit leiden. Durch einen vollen Stundenplan und viele verschiedene Aktivitäten in ihrer Freizeit bleibt ihnen bereits in jungen Jahren kaum noch die Luft, tief und entspannt durchzuatmen. Diese Kurzatmigkeit setzt sich leider bei den meisten für den Rest ihres Lebens fort. Mit zunehmendem Alter wachsen auch Anforderungen an einen Menschen, denen viele nicht mehr gewachsen sind. Die Folge ist eine körperliche und emotionale Belastung, die sie an ihre physischen und psychischen Grenzen bringt und zu Ruhelosigkeit, Ängsten und Depressionen führen kann. Statt uns in solchen Stresssituationen ein paar Minuten Ruhe zu gönnen, um uns zu regenerieren, halten wir die Luft an oder hetzen kurzatmig weiter, so lange, bis unser Körper boykottiert und uns zur Ruhe zwingt.
Nehmen wir uns hingegen Zeit, tief durchzuatmen, bevor wir durch eine Krankheit dazu gezwungen werden, regeneriert sich der ganze Körper. Eine bewusste Atmung hat nämlich unweigerlich eine bewusste Entspannung zur Folge. Dadurch wird der parasympathische Teil des vegetativen Nervensystems aktiviert und gestärkt. Er ist der Gegenpol zum Sympathikus. Durch die Aktivierung des Parasympathikus kommt es wiederum zu einer besseren Blutversorgung im Gehirn und Herzen. Die Muskeln entspannen, wodurch eine bessere Blutversorgung der inneren Organe und der Drüsen gewährleistet wird, was deren Arbeit erleichtert. Darüber hinaus wirkt Entspannung sich auch positiv auf die Verdauung aus, wodurch die Ausscheidungstätigkeit verbessert wird, da wir dann auf allen Ebenen loslassen und unsere Ängste verlieren. Darüber hinaus verlangsamt sich durch die Aktivierung des Parasympathikus der Atem und wir holen automatisch wieder tiefer Luft und schöpfen somit unser ganzes Atemvolumen aus. Atmen wir in Stresssituationen tief ein und aus, statt schnell und kurzatmig, können wir nicht nur dem Stress entgegenwirken, sondern uns auch selbst beruhigen und das, was zu tun ist, in Ruhe durchführen. Denn häufig reagieren wir in Stresssituationen oberflächlich und machen in der Hektik Fehler, die uns später dazu zwingen, etwas vielleicht noch einmal neu zu machen oder zu verbessern. Gespart haben wir dann gar nichts – weder Zeit noch Nerven!
Auswirkungen der Entspannung durch bewussten Atem:
auf der körperlichen Ebene:
- Stärkung des Parasympathikus
- Verbesserung der Blutversorgung im Gehirn, Herzen und den inneren Organen
- Verbesserung der Drüsen- und Ausscheidungstätigkeit
auf der emotionalen Ebene:
- Abbau von Ängsten
- Stabilisierung der Emotionen
- Fluss der positiven Gefühle wird gefördert
auf der spirituellen Ebene:
- Aktivierung der rechten Gehirnhälfte
- Erweiterung des Bewusstseins
- Klarheit des Geistes und der Wahrnehmung
[i] Siehe dazu: Thich Nhat Hanh: Das Wunder der Achtsamkeit
[ii] Auszug aus dem Material zur Yogalehrerausbildung von Anna Elisabeth Röcker zum Thema Karma-Yoga.
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