3 wirkungsvolle Übungen bei komplexen Traumata
Wer bereits als Kind traumatische Erfahrungen gemacht hat und Übergriffe und Gewalt erlebt hat, wird sich mit Hilfe von Übungen aus dem Bereich des TraumaSensiblenYoga nach und nach die eigene Freiheit und Selbstbestimmtheit zurückerobern können. Die folgenden 3 Übungen haben sich hier als besonders unterstützend erwiesen, wenn sie flankierend zu einer fundierten Traumatherapie gemacht werden.
Der Begriff Trauma stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt „tiefgreifende körperliche oder seelische Verletzung“. Im Vergleich zu den körperlichen Verletzungen sind die seelischen Wunden tief und unsichtbar. Das macht ihre Heilung so schwierig.
Besonders dann, wenn die Traumata aus der Kindheit komplex sind, sich über einen langen Zeitraum erstreckt haben und das Kind ein enges Verhältnis zum Täter hatte, dann kann es lange dauern, bis ein Mensch wieder Vertrauen in die eigenen Bedürfnisse und die eigene Wahrnehmung gefunden hat.
Drei Übungen sind meiner Erfahrung nach hier besonders hilfreich und auch sehr beliebt. Erst heute habe ich in einem Workshop wieder das Feedback bekommen, dass es gerade die Übung des „Öffnen und Schließens“ sind, die den Teilnehmern sehr gut gefallen. Sie haben das Gefühl, sich in dieser Übung selbst sehr gut spüren zu können, weil die Übung sanft ist und schöne fließende Bewegungen hat.
Gerade diese Mischung: bewusste Körperwahrnehmung, Sanftheit und fließende Bewegungen helfen Traumatisierten, wieder zu sich selbst zurückzufinden. Das ist nämlich genau das Gegenteil zu einer traumatischen Erfahrung, in der der Betroffene sich vom eigenen Körper abspaltet, Gewalt erfährt und erstarrt.
Solltest Du selbst betroffen sein, so probiere die Übung doch gleich einmal aus. Du kannst sie in verschiedenen Variationen durchführen.
- Öffnen und schließen im Stehen, mit Anjali-Mudra
- Komme in einen aufrechten Stand und nimm eine würdevolle Haltung ein.
- Die Füße sind parallel, das Becken ist aufgerichtet, Schultern und Nacken sind entspannt. Der Unterkiefer ist locker.
- Bring die Hände vor dem Herzen zusammen, die Handinnenflächen berühren einander.
- Einatmend öffnest Du die Hände ganz langsam zur Seite hin. Zähle hier innerlich bis 4.
- Ausatmend schließt Du die Hände wieder. Zähle hierbei innerlich bis 6 oder 8.
- Wiederhole diese Übung einige Male und lass das Zusammenspiel von Bewegung und Atmung immer feiner werden.
- Beende die Übung dann, wenn Du das Gefühl hast, dass Du wieder mehr bei Dir angekommen bist.
- Lass abschließend die Arme ganz entspannt neben dem Körper sinken.
- Schließe die Augen und spüre der Übung nach.
- Öffnen und schließen im Fersensitz, mit Selbstumarmung
- Komme in den Fersensitz.
- Lege deine rechte Hand auf die linke Schulter und die linke Hand entweder auf die rechte Schulter oder auf die rechte Flanke.
- Senke das Kinn Richtung Brust.
- Einatmend öffnest Du die Arme zur Seite hin und hebst das Kinn vom Brustkorb und schaust geradeaus. (Vorausgesetzt, Du möchtest diese Übung mit offenen Augen machen).
- Ausatmend führst Du die Hände wieder zurück zum Körper, wobei die linke Hand jetzt oben ist und Du die rechte Hand auf die linke Schulter legst oder die linke Flanke umfasst.
- Mit der nächsten Einatmung öffnest du dich wieder und wenn Du dich schließt, bringst Du jetzt zuerst wieder die rechte Hand nach oben an die linke Schulter.
- Wiederhole die Übung so ein paar Mal im eigenen Rhythmus.
Wenn Du möchtest, kannst du natürlich eine Zwischenatmung einlegen, wenn Du dich in der geöffneten oder geschlossenen Haltung befindest.
- Öffnen und schließen im Kniestand
- Komme als erstes wieder in den Fersensitz.
- Einatmend kommst du in den Kniestand und führst deine Hände über vorne Richtung Decke. Die Finger spreizt Du weit auseinander.
- Ausatmend gehst Du in die Stellung des Kindes und legst deine Arme vor Dir am Boden ab.
- Einatmend kommst Du wieder zurück in den Kniestand und führst die Hände wieder über vorne nach oben.
- Ausamtend kommst du zurück in den Fersensitz.
- Wiederhole die Übung jetzt einige Male im eigenen Tempo.
Ich persönlich finde alle drei Übungen gleichermaßen wohltuend und wirksam. Besonders dann, wenn sie regelmäßig gemacht werden.
Übrigens: Diese Übungen helfen natürlich auch Menschen, die keine traumatischen Erfahrungen gemacht haben. Sie unterstützen jeden Menschen darin, mehr zu sich zu kommen und zu erfahren, wie wichtig es ist, eine gesunde Balance zwischen Offenheit und Rückzug zu erlangen.
Hier noch zwei Buchtipps zum Thema:
Dagmar Härle: Praxisbuch Traumasensitives Yoga. Über die Wirkung von Yoga bei komplexen Traumata. Junfermann Verlag. 2016
Bessel van der Kolk: Verkörperter Schrecken. Traumaspuren im Gehirn, Geist und Körper und wie man sie heilen kann. G. Probst Verlag, 2015
Buchempfehlung
„Der kleine Achtsamkeitscoach!“